
An der mittelalterlichen Stadtmauer, am Hansaring in Köln, stand einst der bekannte „Klingelpütz“. Bis 1945 ein berüchtigtes Gefängnis der Gestapo, in dem ohne Gerichtsverfahren Menschen inhaftiert, gefoltert und hingerichtet wurden. Daran erinnert auch die Bronzeplastik davor „Frau mit totem Kind“ des Niederländers Marie Andriessen.
An diesem Ort des Schreckens begann heute, 80 Jahre nach Kriegsende, das Gedenken an die Opfer, zu dem die Stadt, Friedensinitiativen, die VVN und Kirchen aufgerufen hatten. Doch ohne die mutigen Deserteure, Widerstandskämpfer und Antifaschisten wäre es nur ein halbherziges Gedenken.
Der Irrsinn hatte nur Opfer, keine Gewinner
Die Opfer von Hitlers Rassenwahn waren 6 Millionen ermordete Juden, mindestens 200.000 Sinti und Roma, ebenso zahllose „Asoziale“ und Schwule. Tausende wurden Opfer der Eutanasie. Insgesamt 70 Millionen Menschen fanden den Tod durch den nazistischen Wahnsinns. Der 8. Mai 1945 endete mit der bedingungslosen Kapitulation NAZI-Deutschlands, weil sich die Welt militärisch dagegen stemmte. Die KZ wurden befreit, keine Bomben mehr, kein Foltern, kein Morden. Erleichterung. Doch das Erinnern, das Verantwortung übernehmen, fiel den Deutschen lange schwer – trotz des Setzens vieler Denkmäler und Stolpersteine. Der langsamen Aussöhnung folgte das Friedensprojekt EU und die Gründung der Europäischen Union im Jahr 1958. Ein Glücksfall für Deutschland und Europa.
Der Glücksfall ist wieder in Gefahr
Doch dieser Glücksfall ist in Gefahr durch längst überkommen geglaubte Denkmuster neuer Rechtspopulisten, Neonazis, Mitglieder der AfD und anderen Geschichtsrevisionisten und Realitätsverleugnern. Rechte Gewalt, Antisemitismus, Antiziganismus und Rassenhass finden zunehmend ihre Anhänger. Es ist diese bestürzende Erkenntnis, dass offenbar der gesellschaftliche Gedächtnisspeicher und die gemeinsame historische Erfahrung vor allem bei zu vielen Jugendlichen ihren Anker verliert. Nicht nur in Deutschland gibt es einen Richtungswechsel ins Totalitäre. Heute bedroht uns zudem der russische Faschismus, der als Sowjetunion ehemals zu den Befreiern von Nazideutschland zählte. Die mit vielen Opfern und Wunden erkämpfte Demokratie ist mehr denn je in Gefahr, wenn sie nicht durch jeden und jede von uns nachhaltig verteidigt wird.
Das Gedenken endete mit einer Abschlusskundgebung vor dem NS-Dokumentationszentrum im EL-DE-Haus, der ehemaligen Gestapo-Zentrale. Sie ist heute „der zentrale Ort für die kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in Köln und Umgebung“.
Sichtlich erschüttert reagierte Kölns OB Henriette Reker darauf, dass am heutigen 8. Mai der Bundesverfassungsschutz ein Stillhalteabkommen bis zur einer weiteren gerichtlichen Klärung abgab, die AfD nicht als „gesichert rechtsextremistisch“ zu behandeln oder zu bezeichnen.
Roman Schwarzmann, Überlebender des Holocaust, Jude. Ukrainer, Überlebender des russischen Bombardements der Ukraine 2023, danach schutzsuchend in Deutschland, wendete sich mit einer eindringlichen Warnung an uns Deutsche. Die Veranstaltung wurde mit einer musikalischen Gedenkpervormance begleitet von Prof. Igor Epstein.
Einführung von Martin Sölle, NS-Dok
Ansprache OB Henriette Reker hier.
Ansprache von Roman Schwarzmann hier.
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