­Köln: Jubiläum für lange Gewerkschaftsgeschichte

Am Freitag ehrte der Bezirk Köln-Bonn-Leverkusen der Gewerkschaft ver.di im Kölner Maritim-Hotel seine Jubilare. Für die würdige Ehrung hatte das Hotel enorm aufgetragen. 1955, also vor 70 Jahren, wurden die ältesten Jubilare Gewerkschaftsmitglieder und können auf eine lange Gewerkschaftsgeschichte und politische Erfahrung zurückblicken. Viele unter ihnen waren Betriebs- oder Personalräte oder Unterstützerinnen und Unterstützer der Gewerkschaftsarbeit.

Das will etwas heißen in turbulenten politischen Zeiten, in denen sich Einzelkämpfertum gegen solidarische Handeln durchzusetzen scheint. Viele fragen sich: „Was bringt mir das? Lohnt sich das für mich?“ – Und so bedankte sich Tjark Sauer, Bezirksgeschäftsführer von ver.di in Köln bei den Jubilaren: „Und trotzdem seid ihr geblieben – nicht, weil ihr etwas bekommen habt, sondern weil ihr etwas gegeben habt.“

Offenbar lohnte es sich doch für viele. Sauer wies darauf hin, dass Gewerkschaftsmitglieder im Durchschnitt deutlich mehr verdienen, bessere Arbeitsbedingungen wie z.B. Urlaub und Arbeitszeit haben und – nach Untersuchungen der „Trade Unions and the Wellbeing of Workers – wohl auch die glücklicheren Menschen sind.

Heute – so Sauer weiter – wüssten viele junge Menschen gar nicht mehr, dass Tarifverträge, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlter Urlaub, die 6-Tage-Woche und Arbeitszeitverkürzung Errungenschaften des gewerkschaftlichen Kampfes sind.

Doch politisch stehen die Zeichen bereits wieder auf Sturm. Sauer: „Kaum ein Tag vergeht, ohne dass auf angeblich ‚unproduktive Gruppen‘ eingedroschen wird. Da soll das Bürgergeld gekürzt werden, Kranke sollen früher leer ausgehen, Feiertage werden infrage gestellt. Und dann hören wir sogar, Rentnerinnen und Rentner würden ‚zu wenig arbeiten’. Ein absurder Gedanke, wenn man bedenkt, wie viele von ihnen körperlich aufgerieben aus ihrem Beruf ausscheiden – als Erzieher*innen, Pfleger*innen, Arbeiter*innen.“

Schließlich käme noch die Migrationsdebatte hinzu. „Viele unserer Kolleginnen und Kollegen, die heute in Krankenhäusern, Kitas, Verwaltungen, bei der Post oder im Einzelhandel arbeiten, stammen aus anderen Ländern“ und weiter „Köln ist bunt, vielfältig – und genau das ist unsere Stärke!“

Katrin Tremel, Bezirksvorsitzende des ver.di Bezirks Köln-Bonn-Leverkusen, führte Jubilare und Gäste durch die bundesdeutsche Geschichte, jeweils passend zu den Mitgliedschaften über 70, 60, 50 oder 25 Jahren.

Man hätte noch auf weitere wichtige Auseinandersetzungen hinweisen können. Seit Mitte der 1980er Jahre stand der harte gewerkschaftliche Kampf um die Ladenöffnungszeiten im Handel im Zentrum, der an einigen Stellen bis heute weitergeht. Inzwischen schließen Märkte, weil die langen Öffnungszeiten zu teuer werden.

Die Einführung der heftig umstrittenen „Hartz IV“-Regelungen am 1.1.2005 im Zuge der Agenda 2010 hat zu einer schweren Krise innerhalb der SPD und zu einem heftigen und jahrelangen Kampf von Gewerkschaftsmitgliedern und ihren Gewerkschaften geführt. Dabei war Ver.di eine der wenigen engagierten Gewerkschaften, die für die politische Arbeit einen „Arbeitskreis Erwerbslose“ eingerichtet hatte.

Für Tjark Sauer „geht’s weiter für gute Arbeit im Betrieb, für faire Tarifverträge, für eine solidarische, offenene Gesellschaft, gegen den sozialen Kahlschlag und gegen den Angriff auf den 8-Stunden-Tag“. Darum würde sich Ver.di sicher auf neue Mitglieder freuen. Die Jubilare haben schon vorgelegt.

Am Schluss darf auf keinen Fall versäumt werden, auf den Auftritt des „Cicus Zappelino“ der Gesamtschule Köln-Hohlweide hinzuweisen, der mit seiner aufregenden Performance auch den letzten müden Gast vom Hocker riss.

Am Tag der offenen Tür, am 22.11.2035, kann man die jungen Akrobatinnen und Akrobaten gratis bewundern.

Webseite Circus Zappelino

 

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