Den Haag: NATO, Krieg und Frieden

Im Kunstviertel von Den Haag, auf der mit moderner Kunst bestückten Allee „Lange Voorhout“, stehen um einen Baum herum zwei Stühle und ein Tisch mit der Aufschrift „Václav Havel’s Place“. Weltweit gibt es 54 dieser Plätze. Zur Erinnerung ist dort ebenfalls eine der berühmten Aussagen des bekannten Dramatikers, Freiheitskämpfers und ersten Präsidenten (1939-2011) der Tschechischen Republik eingraviert: „Wahrheit und Liebe müssen sich gegen Lüge und Hass durchsetzen“.

Havel, die polnische Freiheitsbewegung Solidarność, die Freiheitsbewegung in der DDR und der Zusammenbruch der UDSSR hatten am Schluss dazu geführt, dass sich diese selbst auflösen musste. Wladimir Putin möchte die Geschichte mit militärischer Gewalt und gegen jedwedes Recht wieder zurück drehen und Russland zu alter Größe verhelfen.

Riesige Aufrüstung geplant

Der NATO-Gipfel in Den Haag weist deshalb eine neue Realität. Ursprünglich am 24. und 25. Juni 2025 vorgesehen, wurde er auf ein 2 1/2-stündiges Treffen eingedampft . Grund: Man will den leicht störbaren US-Präsidenten Donald Trump nicht zu sehr herausfordern. Er hat viel um die Ohren zu Hause. Die 32 Mitglieds- und Partnerländer treffen sich, um über Aufrüstung und Verteidigung zu reden – und sind damit weit weg von Václav Havels Friedenswunsch. Dennoch: „Si vis pacem para bellum“ – „Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor“. Sprich: Sei gewappnet.

NATO-Generalsekretär Mark Rütte wird von den Mitgliedsländern eine enorme Aufrüstung von bis zu 5 Prozent des BIP verlangen, weil Militärkreisen und Analysten zu Folge die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Russische Föderation in wenigen Jahren Europa und NATO-Staaten angreifen könnte. Der spanische Ministerpräsident Sánchez hat die Ausgabensteigerung bereits abgewunken, der rechte slowakische Premierminister und Putin-Freund Robert Fico will gar aus der NATO austreten. Am 20.6. stellte Guido Crosetto, Außenminister von Italiens rechter Regierung Meloni gar die Existenzberechtigung der NATO insgesamt infrage. Alles keine hilfreichen Ideen angesichts der geopolitischen Lage.

Zustimmung zur NATO wächst

Eine junge Anwaltskooperation in Den Haag, „wo sich viele internationale Rechts- und Friedensorganisationen befinden“ – so die Kanzlei, hat große Plakate mit der Aufschrift „Dies ist nicht Amerika – NATO willkommen“ oder „Das ist ein Notfall – willkommen NATO“ öffentlich wirksam geklebt. Die Zeiten sind also besonders ernst. Auch in Deutschland äußern sich manche Altlinke: „Ich hätte niemals gedacht, dass ich mich für die NATO entscheiden könnte. Ich bin froh, dass wir drin sind.“ Nach einer Umfrage im März 2025 bestätigten 82 % der Befragten, dass sie die NATO als wichtig für den Frieden in Europa sehen.

Die Unterstützung für Mark Rüttes Weg der NATO steigt demnach in den Mitgliedsländern, weil die Sorge vor einem russischen Angriff greifbarer wird. Auch an anderen Plätzen der Welt weiten sich Kriege aus, wie Israels Sieben-Fronten-Krieg gegen die Palästinenser, gegen den Iran und deren Verbündete.

Krieg und Recht in Den Haag

In Den Haag, im Internationalen Gerichtshof und Friedenspalast, brennt seit 2002 die ewige Flamme des Friedens „Mögen alle Lebewesen Frieden finden“. In diesen Zeiten scheint sie nur noch schwach zu glimmen angesichts der Kriegsbereitschaft, die aus despotisch geführten Staaten droht.

In Den Haag gibt es auch den Internationalen Strafgerichtshof ICC. Dieser stellte 2023 einen Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen gegen den Russischen Präsidenten Wladimier Putin und andere politische und militärische Personen aus. Russland führt seit 2014 einen brutalen Krieg gegen die ukrainische Bevölkerung und die Infrastruktur des Landes. In Den Haag befindet sich auch die Europäische Polizei EUROPOL, die im Falle der Kriegsverbrechen Russlands Ermittlungen angestellt hat und diese wegen der gegenwärtigen hybriden Kriegsführung Russlands gegen Europa auch massiv ausweitet. Insofern scheint Russlands Krieg bei uns angekommen zu sein.

Und auch gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den ehemalige israelischen Verteidgungsminister Yoav Gallant und den Hamas-Führer Mohammed Deif stellte der ICC im Jahr 2024 Internationale Haftbefehle wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus. Leider kann der ICC keine Haftbefehle durchsetzen. Wie auch viele internationale Organisationen immer mehr geschwächt erscheinen. Dagegen scheinen nur starke, durchsetzungsfähige und freiheits- und rechtsbasierte Demokratien zu wirken. In der Innenstadt von Den Haag mahnt ein Friedensvogel neben dem Monument „Freiheit und Recht“.

Ergänzung 26.06.2025
Endlich ist es soweit: In Den Haag wurde am 25.06.2025 zwischen der Ukraine und dem Europäischen Rat ein völkerrechtlicher Vertrag zur Weiterentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten geschlossen. Damit kann das seit drei Jahren geforderte Haagener Tribunal gegen russische Kriegsverbrechen in der Ukraine in Gang kommen, dem 15 Richterinnen und Richter angehören werden. Es ermöglicht auch anderen als europäischen Staaten dem beizutreten. Mehr hier!

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